Tschüss Bachelor, willkommen Master. Eine Möglichkeit für die weitere akademische Laufbahn ist ein Studiengang zur Friedensforschung, der an mehreren Universitäten angeboten wird. Student:innen berichten, wieso sie sich für die Fachrichtung entschieden haben.
von Loreena Willner
„Frieden wird oft als träumerisches Ziel verstanden, das unerreichbar scheint. Doch zahlreiche Friedensverhandlungen und Friedensprozesse in der Vergangenheit haben gezeigt, dass Frieden gemacht werden kann. Hierzu braucht es, neben vielen anderen wichtigen Akteur:innen, auch explizit dafür ausgebildete Fachkräfte“, sagt Louisa Wulf. Sie studiert Friedens- und Konfliktforschung in Marburg. Mehrere Universitäten in Deutschland bieten Masterstudiengänge mit der Fachrichtung Friedensforschung an. Darunter die Philipps-Universität Marburg, die Goethe-Universität Frankfurt am Main und die Universität Hamburg. Die Gemeinsamkeiten der Studiengänge sind eine Regelstudienzeit von vier Semestern und ein Praktikum. Die Student:innen lernen neben den Fachkenntnissen der Friedensforschung auch Konflikte in oder zwischen Staaten zu analysieren. Darüber hinaus können sie Strategien zur Konfliktregelung entwickeln.
Die richtige Uni finden
An der Philipps-Universität Marburg stehen gleich zwei Masterstudiengänge zum Thema Friedensforschung zur Auswahl, mit denen es möglich ist, an einen beliebigen Bachelor anzuschließen. Zum einen die deutsche Variante „Friedens- und Konfliktforschung“, wie auch die englische Variante „Peace and Conflict Studies“. Der englische Studiengang findet in Kooperation mit der University of Kent statt. Dabei verbringen die Student:innen jeweils ein Jahr an der Universität in Marburg und der Universität in Canterbury. „Mich hat gereizt, dass der Master viele Studienrichtungen miteinander verbindet. Zusätzlich hatte ich so die Gelegenheit, in England und Deutschland zu studieren“, sagt Johanna Mehringer. Sie studiert im dritten Semester.
Die Goethe-Universität Frankfurt am Main bietet gemeinsam mit der Technischen Universität Darmstadt den Studiengang „Internationale Studien / Friedens- und Konfliktforschung“ an. Der Master findet in Kooperation mit der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, abgekürzt HSFK, statt. Die drei Partner entwickelten den Studiengang gemeinsam. Einige wissenschaftliche Mitarbeiter:innen der HSFK bieten regelmäßig Seminare in Frankfurt und Darmstadt an. Darunter Stefan Kroll: „Wir bieten wichtige Kurse im Bereich der Friedens- und Konfliktforschung an, die die Universität mit den Professuren, die sonst dort sind, nicht in der Breite anbieten könnte.“ Voraussetzung für das Studium ist ein abgeschlossenes Bachelorstudium in Politikwissenschaften oder einem vergleichbaren Studiengang.
Den Studiengang „Peace and Conflict Studies“ an der Universität Hamburg kann studieren, wer im Bachelorstudium 180 Leistungspunkte erreicht hat. Wer 240 Leistungspunkte nachweisen kann, hat die Möglichkeit, die Studiendauer auf zwei Semester zu verkürzen. Student:innen aus verschiedenen Fachbereichen führen ihre Laufbahn mit dem Master „Peace and Conflict Studies“ fort. Darunter befinden sich beispielsweise Sozialwissenschaftler:innen, Ingenieur:innen, Pädagog:innen und Jurist:innen. Einer von ihnen ist der Erstsemester Malte Jursch: „In meinem vorherigen Studium Politikwissenschaft, habe ich mich vor allem mit internationalen Beziehungen, Macht und Herrschaftsverhältnissen in der internationalen Politik beschäftigt. Auf diese Fragen will ich mich im Master weiter fokussieren.“ Die Universität Hamburg schreibt, dass es an anderen Universitäten ähnliche Masterprogramme gebe, ihr Studiengang sei aber besonders: „Als bislang Einziger in Deutschland verknüpft er Fragen der Sicherheitspolitik und Sicherheitsforschung mit einer friedenswissenschaftlichen Perspektive.“
Vielfältigkeit bei der Berufswahl
„Es gibt gute Jobaussichten, aber es ist was anderes als bei Rechtswissenschaften oder Medizin, wo ganz klar ist, was der Beruf danach ist. Das ist bei uns breiter gefächert“, erklärt Stefan Kroll von der HSFK. Die Master-Programme ermöglichen den Absolvent:innen unter anderem Tätigkeiten in der friedenswissenschaftlichen Forschung auszuüben. Das ist beispielsweise in Form einer Promotion beim HSFK oder an anderen Stiftungen und außeruniversitären Einrichtungen möglich. Beim HSFK arbeiten in der Regel Promovierende, also Personen, die Doktorarbeiten schreiben oder Postdoktorand:innen. „Wenn man bei uns erfolgreich promoviert hat, ist man in der Regel gut qualifiziert für eine wissenschaftliche Karriere“, sagt Kroll. Trotzdem stehen den Absolvent:innen nach der Promotion auch andere Türen offen. „Wir führen eine Alumni-Liste und mir ist da niemand bekannt, der gerade nicht auf einer spannenden Position wäre“, führt Kroll fort.
„Mich reizt die Vielseitigkeit der Arbeitsbereiche und die damit verbundenen Arbeitserfahrungen und Weiterbildungsmöglichkeiten“, sagt Sarah, die im ersten Semester Friedens- und Konfliktforschung in Marburg studiert. Die Universität erklärt, dass die beruflichen Möglichkeiten je nach individueller Schwerpunktbildung im Studium durch die Wahl des Praktikums und durch die Masterabschlussarbeit variieren. Im Allgemeinen können Absolvent:innen aus dem Bereich der Friedensforschung beispielsweise in der Wissenschaft, Öffentlichkeitsarbeit oder Politikberatung arbeiten oder in der Konfliktbearbeitung bei Nichtregierungsorganisationen oder staatlichen Organisationen unterkommen. „Ich würde gerne im öffentlichen Dienst, in der EU oder bei einem internationalen Unternehmen arbeiten“, erzählt Cian Münster, Erstsemester im Studiengang Friedens- und Konfliktforschung in Marburg. Die Universität Hamburg schreibt: „Ein Blick in die Verbleibstatistik der bisherigen Jahrgänge zeigt: Unsere Absolvent:innen sind begehrte Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt.“
Erstsemester Malte Jursch aus Hamburg ist der Meinung: „Es braucht Leute in diesem Berufsfeld, um insbesondere auf politische Entscheidungsträger:innen einzuwirken und die Öffentlichkeit für Fragen internationaler Konflikte, Krisen und Kriege zu sensibilisieren und sprechfähig zu machen.“ Auch Johanna Mehringer aus dem Studiengang Peace and Conflict Studies in Marburg ist der Überzeugung, die Menschen in dem Berufsfeld seien nicht wegzudenken: „Gerade heute ist das Berufsfeld relevanter denn je, und das wird es auch bleiben. Die Zukunft wird uns immer mehr Konflikte auf globaler, aber auch auf lokaler Ebene geben. Dafür braucht es fähige, ausgebildete Menschen, die Lösungen unabhängig von politischen Agenden erarbeiten und ausführen können – leider gibt es davon erstaunlich wenige.“
(Quelle Titelbild: UHH/vonWieding)
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